Die belgische Mountainbike Challenge (kurz BeMC) wirbt mit dem Slogan „das härteste MTB-Rennen der Benelux-Länder“ zu sein. Wer also nach einer knackigen Herausforderung sucht, ist hier genau richtig!
Die nackten Zahlen des 4-tägigen Etappenrennens durch die Ardennen sehen auf den ersten Blick eigentlich noch völlig machbar aus. Zwar gibt es viele kleine, extrem steile Stiche, die teilweise schon bei normalen Bedingungen fast nicht mehr fahrbar sind, aber alles im Rahmen.
Was in diesem Jahr allerdings die viel größere Herausforderung darstellte, waren die Bedingungen! Die Ardennen zeigten sich nicht gerade von ihrer schönsten Seite, dafür aber zweifelsfrei von ihrer Brutalsten. Das Wetter machte im Prinzip so weiter, wie es eine Woche zuvor beim Roc Ardenne aufgehört hatte: mit viel Regen und ungemütlicher Kälte. Einziger Unterschied, dass es diesmal weniger Schnee-, sondern vielmehr Dauer- und Starkregen war.

Die sonst flowigen Trails verwandelten sich in der Folge in extrem (!!!) schlammige, schmierige und teilweise nicht mehr fahrbare Streckenabschnitte und die Kälte und Nässe kostete zusätzlich Energie.
Der härteste Tag war definitv der Dritte, an dem es für Viele nur noch ums nackte Überleben ging. Die Regenfälle waren so stark, dass selbst der Veranstalter die Reißleine ziehen musste, und die eigentliche Königsetappe von 97km auf 84km verkürzte, damit nicht noch mehr Fahrer der Kälte, dem Matsch und dem Regen zum Opfer fielen. Aber auch so wurden Mensch und Material maximal gefordert.

Meine persönliche Erfahrung:
Ich bin mittlerweile schon einige Rennen gefahren, darunter etliche Etappenrennen und auch bei widrigsten Bedingungen. Aber so etwas habe ich tatsächlich noch nicht erlebt. Das Finisher-T-Shirt im Ziel mit der Aufschrift „I survived BeMC“ hat also durchaus seine Berechtigung und ich frage mich, ob der Druck wohl schon vor der Wetterprognose in Auftrag gegeben wurde… Jedenfalls ziehe ich meinen Hut vor allen, die das Rennen erfolgreich beendet und sich durchgebissen haben.

Dass ich selbst mit meiner Konstitution nicht unbedingt für diese Bedingungen gemacht bin, ist kein Geheimnis, und umso zufriedener bin ich mit meiner Performance und meinem Kampfgeist. Als einziger Fahrerin gelangen mir insgesamt zwei Etappensiege. Und als ich am Abend der ersten Etappe meiner Familie schrieb, sie sollen mich bitte daran erinnern, dass ich am nächsten Morgen nicht mein normales Trikot, sondern das Leader-Jersey anziehen soll, musste ich selbst grinsen :-). Zwar habe ich am dritten Tag (dem „Survival-Tag“) viel Zeit verloren, aber dennoch gekämpft bis zum Schluss, mir die Laune nicht vermiesen lassen und das Beste draus gemacht. Dass ich mit dem Sieg der Schlussetappe noch einmal alles aus mir herausholen und den dritten Gesamtrang zurückerobern konnte, hat mich ehrlich gesagt ein bisschen selbst überrascht. Vermutlich ging das auch nur, weil ich genau wusste, dass an diesem Tag keine weitere Wäsche mehr, kein Bike Putzen mehr, keine Materialpflege mehr, und keine dringende Regeneration mehr anstehen würden… 🙂
Denn das wohl Härteste war für mich – abgesehen vom Rennen – ganz auf mich alleine gestellt zu sein. Wie so oft war ich auch diesmal wieder alleine mit dem Camper unterwegs, was sich bei diesen Bedingungen als regelrechte Zerreißprobe herausstellte. 4 Tage hintereinander am Limit zu racen, nach den Etappen völlig ko, leer, durchgefroren und mega versifft erst einmal duschen (komplett mit Schuhen, Helm, Brille und Klamotten), danach die völlig verdreckten Sachen (im Waschbecken!) waschen, gleichzeitig eigentlich kochen und Rad putzen, etwas essen und eine Stunde später den Camper wieder fahrtauglich für die Siegerehrung zu machen, … ist definitiv eine Herausforderung! Wenn man dann im Anschluss noch das Bike checkt, die Bremsbeläge, etc. wechseln muss, es langsam dunkel wird und man nicht weiß, wo und wie die Sachen bis zum nächsten Morgen trocken sollen, aber eigentlich schon lange endlich die Beine hochlegen möchte, so kommt man definitiv an seine Grenzen! Zumindest spätestens am 4. Tage in Folge…
Umso dankbarer bin ich für die wohl beste Erfahrung des ganzen Rennens:
Nämlich für die Hilfsbereitschaft der anderen Mädels und deren Betreuer, die mir an den Verpflegungsstellen Flaschen gereicht haben und auch sonst ihre Hilfe angeboten haben. Das ist keine Selbstverständlichkeit und das weiß ich zu schätzen!!! Viel wichtiger als irgendwelche Zeiten, Platzierungen oder sonstige Leistungen ist für mich zu wissen, dass man Freunde im Feld hat und dass das ganze Spaß macht. Egal wie widrig die Bedingungen auch sind. Dass man sich im Rennen hilft, dass man nicht nur gegeneinander, sondern auch miteinander fährt. Dass man sich im Ziel für die anderen freut und deren Stärken anerkennt. Denn letztendlich wollen wir ja alle das Gleiche: einfach ein bisschen Spaß auf dem Bike!
Ich freue mich neue Fahrerinnen und Fahrer kennengelernt und schon Bekannte besser kennengelernt zu haben. Eigentlich war es erstaunlich, wie gut die Stimmung, trotz des miesen Wetters war. An dem Spruch „geteiltes Leid ist halbes Leid“ scheint definitiv etwas dran zu sein!
Ein großes Lob geht außerdem an den Veranstalter. Das Event war super organisiert. Bei 4 sehr traillastigen Etappen kreuz und quer durch die Ardennen kam es kein einziges Mal (!) zu Missverständnissen/ Fehlinterpretationen bei der Streckenführung. Darüber hinaus wurde angemessen auf die widrigen Bedingungen reagiert und insgesamt sehr professionell und mit Herzblut agiert.
Beeindruckend war auch, wie viele radsportverrückte Zuschauer sich trotz des Regens an der gesamten Strecke entlang versammelt, mitgefiebert und uns Fahrern zugejubelt haben – das ist toll! Belgien halt.
Danke an alle für die 4 ereignisreichen Tage und die vielen neuen (Grenz-)Erfahrungen. Für die Zukunft bin ich nun in jedem Fall ein Stück weit mehr abgehärtet! 😉
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