Anfang August – In der Sportograf Gruppe wird die Frage gestellt, wer Anfang September Zeit hätte zwei Events in Schweden zu fotografieren. Ein kurzer Blick in den Kalender und schon ist die Sache klar, die Chance muss ich nutzen!
Da ich bisher nur mein Testevent hatte, war meine Hoffnung nicht allzu groß, neben zahlreichen anderen erfahrenen Sportografen eingeladen zu werden. Aber dennoch kam einige Wochen später dann die Einladungsmail. Meine Freude war sehr groß, aber ich wusste noch nicht, was auf mich zukommen wird. Genauer gesagt was auf uns zukommt, denn meine Freundin wurde ebenso mit eingeladen. Es war also klar, dass wir das Event gemeinsam bestreiten werden. Nach kurzer Zeit wurde uns dann aber auch klar, dass es sich hierbei nicht nur um irgendein Event handelt, sondern um eines der anstrengendsten Sportograf Events.
Das Event besteht aus 5 einzelnen Radrennen. In den bisherigen Jahren verteilten diese sich auf 2 Wochenenden, aber dank Corona sollte es dieses Jahr anders laufen. Am Donnerstag den 2. September 2021 fand das erste Rennen statt, ein Mountainbike Rennen. Zu diesem wurden 3 Fotografen eingeladen, welche bereits einen Tag eher anreisten. Für uns ging die Reise dann am Donnerstag erst los.
Nun zum Event
Wir werden gegen 6.30 in Dresden abgeholt. Dann geht es Richtung Rostock wo unsere Fähre ca. 15.30 ablegt und nachts halb 3 kommen wir dann nach einigen weiteren Stunden Fahrt in Motala an. Da das Hauptrennen erst am nächsten Abend losgeht, sitzen wir noch eine Weile zusammen bevor es dann ins Bett geht.
Unsere Hütte – die Bondebacka – ist eine Art Pfadfinderunterkunft, es gibt also einen großen Schlafsaal und wir schlafen auf Isomatten und in Schlafsäcken.
Die erste Nacht ist recht kurz aber daran werden wir uns für die paar Tage alle gewöhnen müssen, vor allem die, die keine Ohropax dabeihaben. Freitag hatten wir noch etwas Zeit zur Vorbereitung, einkaufen, Taktik Besprechung …
Aber um was für ein Radrennen handelt es sich hier eigentlich? – Die ca. 10.000 Teilnehmer werden am Freitag den 3. September ab 19.30 Uhr gestaffelt starten und den Vättern umrunden. Die Strecke misst ganze 315 km, einfach Wahnsinn was diese Radfahrer vor sich haben. Da sich das Rennen vom ersten Start bis zur letzten Zieleinfahrt über fast 30 Stunden verteilt, arbeiten wir 12 Fotografen in Schichten. Beim Hauptrennen bin ich für den Start – und den Zielbereich verantwortlich und die erste Schicht beginnt für mich 21.30 Uhr.

Bisher habe ich noch nie in meinem Leben mit dem Blitz gearbeitet, weshalb mir die Positionierung am Anfang auch ein paar Probleme gemacht hat. Aber nach etwas probieren und dank der Hilfe meiner beiden Kollegen hat alles recht schnell reibungslos funktioniert. Alle 2 Minuten starten einige Teilnehmer zu diesem verrückten Abenteuer mitten in der schwedischen Dunkelheit. Wenn man bedenkt, was diese Radfahrer so vor sich haben, ist es umso erstaunlicher, dass sich unter den Teilnehmern neben den Profi-Rennradfahrern auch alle anderen Altersgruppen und Fahrradtypen befinden, welche zum Teil auch mit älteren Damenrädern diese „Reise“ antreten.
Meine erste Schicht endet um 3.00 Uhr nachts, eine Erlösung, da die Temperaturen immer weiter sinken. In den frühen Morgenstunden waren es wohl nur um die 5 Grad. Also fahre ich direkt zurück in die Hütte, um einige Stunden zu schlafen, bevor 10.00 Uhr meine zweite Schicht am Start beginnt, wo die Profi-Rennradfahrer starten. Nachdem diese abgefahren sind, geht es für mich in den Zielbereich um zwei andere Sportografen zu unterstützen. Das Ziel ist direkt auf einer Promenadenstraße am See, in der Nähe sind Versorgungszelte aufgebaut, es läuft euphorische Musik. Die ersten Fahrer trafen bereits vereinzelt morgens ab 6.00 Uhr ein.

Hier herrscht eine tolle Stimmung, die Leute jubeln und applaudieren für jeden einzelnen Fahrer, der im Ziel ankommt. Da die Sonne langsam rauskommt und die Temperaturen steigen, kommt ein richtiges Sommergefühl auf. Es passt einfach alles. Ich stelle meinen kleinen Hocker auf und versuche jeden Teilnehmer mehrfach abzulichten. Unglaublich was diese Teilnehmer in dieser Nacht bzw. an diesem Tag leisten… Und zwischen 15.00 und 16.00 Uhr radeln dann auch die ersten Profifahrer ins Ziel. Somit haben diese teilweise unter 6 Stunden gebraucht, eigentlich kaum zu fassen, wie schnell sie fahren.

So verläuft der Tag recht entspannt weiter, wir lösen uns gegenseitig gelegentlich ab, um uns Verpflegung zu besorgen. Abends gegen 20.00 Uhr übernehmen dann zwei andere Fotografen unsere Spots und wir können in die Hütte zurückkehren, wo wir gemeinschaftlich Abendbrot kochen und essen. Aber mit dem Wissen, dass wir auch am Sonntag um 4.30 Uhr aufstehen werden, damit wir alle pünktlich gegen 6.00 Uhr an unseren Spots sind, endet der Abend auch schnell wieder, um wenigstens 5 Stunden zu schlafen. So schnell wie wir alle im Bett waren, klingelte aber auch wieder der Wecker. Nun heißt es erneut Ausrüstung schnappen und ab in die kühle schwedische Morgenluft. Unser Transporter setzt alle nacheinander an ihren jeweiligen Spots ab.

Am Sonntag gibt es drei kleinere Radrennen mit 100km und 150km, insgesamt starten ca. 3.500 Teilnehmer. Diesmal sitze ich an der Strecke in der schwedischen Natur. Eine willkommene Abwechslung zum recht hektischen Start-/Zielbereich. Da ich als erstes abgesetzt wurde, konnte ich noch den wunderschönen skandinavischen Sonnenaufgang erleben, bevor gegen 8.45 Uhr die ersten Teilnehmer ankamen.
Anfangs kamen nur sehr vereinzelte Grüppchen aber schnell werden die Abstände kleiner. Es macht einfach wahnsinnigen Spaß! Mein Spot ist einige Kilometer vor dem Ziel. Die Teilnehmer sind zwar alle recht geschafft von der Strecke, die diese bereits hinter sich haben, aber man spürt bei allen die Euphorie gleich im Ziel anzukommen und dieses Radrennen geschafft zu haben! So geht Stunde um Stunde ins Land, ab und zu laufe ich die Straße hoch und runter, um verschiedenen Perspektiven der Teilnehmer einzufangen. Aber stets ist die so typisch schwedische Holzhütte im Hintergrund. Es ist einfach schön hier, man will gar nicht mehr zurück. Da der letzte Start gegen 12.30 Uhr ist, werden die Abstände der Teilnehmer ab 17.00 Uhr wieder größer und schließlich passiert mich 19.30 Uhr die letzte Teilnehmerin.

Danach werde ich wieder von unserem Transporter abgeholt und es heißt wieder gemeinsames Abendessen und alles in der Bondebacka zusammenpacken. Unseren letzten Abend lassen wir noch entspannt zusammen ausklingen und es gibt Pasta und Pesto. Ein absoluter Traum nach so einem Tag!
Am Montag klingelt der Wecker 7.00 Uhr, nach diesem Wochenende fühlt es sich wie ausschlafen an! Nun heißt es Aufbruch und wir treten den Weg Richtung Fähre an. Mein erstes „richtiges“ Event war also vorbei. Es war ein grandioses wenn auch anstrengendes Wochenende, bei dem ich viel erlebt habe und eine Menge nette Leute kennenlernen durfte. Schon jetzt freue ich mich auf die nächsten Events und hoffe auch im nächsten Jahr den Vätternrundan wieder begleiten zu dürfen!
text by Jonathan Barwig