Einmal vor der Kamera beim P-Weg sein

Sonntag morgen, 8:30.

Ich stehe in der Alten Feuerwache in Plettenberg am Frühstücksbuffet und stelle mir folgende Fragen:

  •  Was genau war nochmal der Grund, warum ich mich dieses Jahr zum P-Weg in Plettenberg angemeldet habe?
  • Warum soll ich mich bei Regen und gefühlten -10 Grad aufs MTB setzen und 74 km 2000 HM durchs Sauerland fahren?? Das ist doch bescheuert. Untrainiert, müde, nicht einmal im Besitz von eigenen Radklamotten?sportograf-69074752

Ach ja, weil ich es so wollte.

Seit 5 Jahren darf ich die unfassbare Stimmung am P-Weg Wochenende als Sportograf erleben. Jedes mal schaue ich zu, wie ein beachtlicher Haufen Menschen einen Riesenspaß auf und neben der Strecke haben. Es reicht, ich will das als Teilnehmer erleben! Viel zu lange habe ich nur zugeschaut. Zeit für ein bisschen Praxis. Mein Ziel: Ankommen. An einem Stück.

Nun stehe ich also auf der anderen Seite und werde gleich mit vielen anderen auf die Strecke gehen. Mein erstes MTB Rennen! Der ein oder andere hat aufgrund der Wetterverhältnisse im letzten Moment die Distanz gewechselt. Sollte mir das was sagen?

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Ich darf mit meinem Kollegen Ralf im ersten Block starten. Auf den Start freue ich mich ganz besonders! Trotz des Wetters säumen unzählige Zuschauer den Startbereich, klatschen, jubeln und freuen sich mit den Fahrern. Ein Gefühl von Euphorie macht sich in mir breit. Der Startschuss fällt und wir werden von einem Feuerwerk auf die Strecke begleitet. Ich fühle mich gut, Kälte und Regen können mir nichts anhaben. Was sind schon 74 km?

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Kurz nach dem Start, der erste Anstieg. Ich weiß, dass am höchsten Punkt die Bergziege auf mich wartet. Schließlich habe ich dort am Tag zuvor die Läufer fotografiert. Was ich allerdings noch nicht weiß ist, was es bedeutet, sich aus eigener Kraft dort hoch zu bewegen. Wo bleibt die verdammte Ziege? Ist es noch weit? Ein Mitfahrer kommentiert mein Jammern mit „Das ist noch gar nichts“. Ich bekomme Angst. Besteht denn das ganze Sauerland nur aus Anstiegen?

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Endlich, die erste Verpflegungsstation. Ich verhungere! Man möchte gar nicht weiterfahren: Kuchen, Obst, Käsestullen und Getränke und dazu die unfassbare Freundlichkeit der Anwohner, die sich jedes Jahr aufs Neue zu unmenschlichen Uhrzeiten aus dem Bett quälen um die Teilnehmer zu ernähren und anzufeuern.

Kaum liegt mein verschlammtes Rad am Boden kommt jemand mit einer Wasserspritze und reinigt Kette und Tretlager. Wo bin ich hier? Im Himmel? Ich habe vor Jahren eine Theorie zur Freundlichkeit der Plettenberger aufgestellt: Es muss am Trinkwasser liegen. Anders kann ich mir einfach nicht erklären, dass die Anwohner einer kompletten Region manch anderen mit Hilfsbereitschaft und Freude am Tun in den Schatten stellt.

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Weiter geht’s. Mir tut alles weh, ich fluche, ich weine, ich bin nass, ich will aufhören. Mein Partner muss einiges einstecken. Mich schieben, mein Rad tragen als es im Schlamm derartig bergauf geht, dass man kaum noch laufen kann. Ich fühle mich schäbig. Die Strecke teilt sich. Links geht’s zurück ins Ziel. Mein Hirn sagt: „Abbiegen, dann ist es vorbei!“. Ralfs Blick sagt: „Denk nicht mal dran“. Also den Schweinehund mit einem strengen Platzverweis zurück ins Körbchen schicken und weiter fahren.

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Wir kommen an wunderschönen Ausblicken vorbei, Nebel steigt aus Wäldern auf, passieren heimelige Ortschaften in den uns die Menschen frenetisch bejubeln und umsorgen, können sogar vom Schlamm nahezu unpassierbare Trails genießen. Am Ende sollten alle Recht behalten. Es ist bescheuert aber geil. Jungs und Mädels auf der Strecke, jetzt verstehe ich euch noch ein Stück besser und ziehe meinen Fahrradhelm vor euch. Respekt! Danke für die Worte unterwegs, die Aufmunterungen, die Hilfen, die Stimmung untereinander. Ralf, was auch immer ich gesagt haben sollte, es tut mir leid, ich habs nicht so gemeint. Danke, dass Du das mit mir durchgezogen hast!

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Ein dickes Danke an Michael Schröder und sein unvergleichliches Team, an MJ Gerüstbau, die extra ein Podest für Sportografen an der Brücke am Aqua Magis geschaffen haben, ans Fototeam für die Bilder und nicht zu Letzt an alle Plettenberger für ihre unglaubliche Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft.

Jedes Jahr aufs Neue empfangt ihr uns mit offenen Armen, jeder Wunsch wird uns von den Augen abgelesen. Es macht einfach Spaß herzukommen und dabei zu sein.

Wir sehen uns im nächsten Jahr!

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Mehr infos über das unfassbar tolle Rennen findet ihr unter www.p-weg.de

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